Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit auch unter dem Aspekt der Wiedergutmachung
1. Allgemein
Das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht ist im Grundgesetz (GG) und im Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) geregelt und basiert grundsätzlich auf dem sogenannten Abstammungsprinzip. Dies bedeutet, dass die deutsche Staatsangehörigkeit vor allem aufgrund der Abstammung von einem deutschen Elternteil erworben wird. Seit dem Jahr 2000 ist zusätzlich ein Erwerb bei Geburt im Inland und ausländischen Eltern möglich.
2. Einbürgerung nach § 10 AStG
Die Voraussetzungen für die Einbürgerung nach §10 StAG sind wie folgt:
- Unbefristetes oder auf Dauer angelegtes Aufenthaltsrecht zum Zeitpunkt der Einbürgerung,
- 8 Jahre dauerhafter und regelmäßiger Aufenthalt in Deutschland,
- Geklärte Identität und Staatsangehörigkeit,
- Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes,
- Grundsätzlich Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit,
- Mündliche und schriftliche deutsche Sprachkenntnisse auf dem Niveau B 1 des Gemeinsame europäischen Referenzrahmens für Sprachen,
- Nachweis über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland (Einbürgerungstest),
- Eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts für sich und die unterhaltsberechtigten Angehörigen,
- Gewährleistung der Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse, insbesondere keine Verheiratung gleichzeitig mit mehreren Ehegatten,
- Keine Verurteilung wegen einer Straftat.
3. Reform des Staatsangehörigkeitsrechts
Das Staatsangehörigkeitsgesetz soll modernisiert werden. Das Bundesministerium des Innern und für Heimat hat am 19. Mai 2023 einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorgelegt. Dieser sieht u.a. folgende Änderungen vor:
- Verkürzung der Aufenthaltsdauer bis zur Möglichkeit der Einbürgerung von 8 auf 5 Jahre. Bei „besonderen Integrationsleistungen“ soll dies sogar schon nach 3 Jahren möglich werden.
- Bei Menschen ab 67 Jahren soll es ausreichen, wenn sie sich mündlich im Alltag verständigen können, ohne die Erfordernis des formellen Sprach- und Wissenstests.
- Der Besitz mehrerer Staatsbürgerschaften soll erleichtert werden. Bisherige Staatsangehörigkeiten sollen grundsätzlich kein Hindernis mehr für eine Einbürgerung sein.
- In Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern sollen außerdem automatisch Deutsche werden, wenn ein Elternteil bereits seit 5 Jahren seinen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik hat.
4. Die Wiedergutmachungseinbürgerung nach Verfolgung
Mit Inkrafttreten des 4. Staatsangehörigkeitsänderungsgesetzes am 20. August 2021 erhalten NS-Verfolgte und ihre Nachfahren auf Antrag die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn sie durch die Verfolgung auch staatsangehörigkeitsrechtliche Nachteile erlitten haben. Im Allgemeinen sind die Anforderungen bei der Wiedergutmachungseinbürgerung nach § 15 StAG und Art. 116 GG weniger streng.
a) Der Personenkreis, der nach §15 StAG eingebürgert werden kann
Die Einbürgerung ist für Personen möglich, die im Zusammenhang mit Verfolgungsmaßnahmen aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen in der Zeit vom 30.01.1933 bis zum 08.05.1945
(1) die deutsche Staatsangehörigkeit vor dem 26.02.1955 aufgegeben oder verloren haben (insbesondere durch Einbürgerung auf Antrag in einen anderen Staat),
(2) von einem gesetzlichen Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Eheschließung, Legitimation oder Sammeleinbürgerungen deutscher Volkszugehöriger ausgeschlossen waren,
(3) nach Antragstellung nicht eingebürgert worden sind oder allgemein von einer Einbürgerung, die bei einer Antragstellung sonst möglich gewesen wäre, ausgeschlossen waren oder
(4) ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland – in den Grenzen vom 31.12.1937 – aufgegeben oder verloren haben, wenn dieser bereits vor dem 30.01.1933 begründet worden war oder als Kind auch nach diesem Zeitpunkt begründet worden war.
Begünstigt sind folglich auch Personen, die im Zusammenhang mit nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen aus den in Artikel 116 Absatz 2 Satz 1 GG aufgeführten Gründen die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Entzug, sondern auf andere Weise verloren haben oder nie haben erwerben konnten/ können.
b) Besonderheiten nach §15 StAG
- Die Einbürgerungsmöglichkeit steht auch den Abkömmlingen der o.g. Personen offen.
- Die Einbürgerung erfolgt unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit. Dies bedeutet, dass bisherige Staatsangehörigkeiten behalten werden können, soweit die Gesetze des aktuellen Heimatstaates dies zulassen.
- Entgegen der Voraussetzungen nach §10 StAG ist nach §15 StAG kein dauerhafter und regelmäßiger Aufenthalt in Deutschland erforderlich; gleiches gilt für den Sprachnachweis, den Einbürgerungstest sowie den Nachweis der Sicherung des Lebensunterhalts.
- Nicht antragsberechtigt sind Personen, die die bereits wiedererworbene deutsche Staatsangehörigkeit verloren haben durch z.B. durch Verzicht, Entlassung oder Erwerb einer anderen Staatsangehörigkeit auf Antrag. Dies gilt auch für deren Abkömmlinge.
Wir unterstützen Sie gerne bei der Erlangung der deutschen Staatsangehörigkeit:
- Wir prüfen, ob die Voraussetzung für eine Antragsstellung für die Einbürgerung nach §15 StAG oder nach Art 116 GG vorliegen.
- Wir stellen das Antragsset mit Ihnen zusammen.
- Wir begleiten Sie durch den Antragsstellungsprozess und übernehmen die Kommunikation mit den relevanten Behörden bis zur Ausstellung Ihrer Einbürgerungsurkunde.
Bitte sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie Interesse an unserem Service haben.
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