Der 9. Senat des Finanzgerichtes Köln hat mit seinem am 16.06.2021 veröffentlichten Urteil (Az. 9 K 1260/19) entschieden, dass der von dem Betreiber einer Kraft-Wärme-Kopplungsanlage erzeugte und selbst (dezentral) verbrauchte Strom (wie z.B. bei Blockheizkraftwerken) umsatzsteuerlich nicht an den Stromnetzbetreiber geliefert wird.
Mit dem oben genannten Urteil der deutschen Finanzgerichtsbarkeit wird den „Regelungen“ des Abschnittes 2.5 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE), wonach fiktive Lieferungen von selbsterzeugtem und selbstverbrauchtem Strom der Umsatzsteuer unterliegen sollen, widersprochen.
Der Fall
Die Klägerin ist unter anderem als Betreiberin von öffentlichen Stromverteilernetzen tätig. An diese Stromnetze sind von unterschiedlichen Anlagenbetreibern betriebene Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK-Anlagen) zur Stromerzeugung angeschlossen. Es handelt sich dabei auch um solche Anlagen, bei denen der Betreiber den erzeugten Strom (nahezu) ausschließlich selbst (dezentral) verbraucht.
Die Klägerin zahlte den Anlagenbetreibern gemäß der im Streitjahr geltenden Vorschriften des Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetzes (KWKG) einen Zuschlag für den Strom, der aufgrund des dezentralen Verbrauchs tatsächlich nicht in das Stromnetz für den allgemeinen Gebrauch eingespeist wurde. Die Klägerin erstellte hierüber keine gesonderten Abrechnungen und unterwarf den Vorgang auch nicht der Umsatzsteuer.
Die Finanzverwaltung als Beklagte vertrat unter Hinweis auf Abschnitt 2.5 des UStAE die Auffassung, dass der gesamte von den Betreibern der KWK-Anlagen erzeugte und selbst verbrauchte Strom zunächst in das öffentliche Stromnetz eingespeist und fiktiv an die Klägerin geliefert werde. In einem zweiten Schritt werde dieser Strom dann von der Klägerin als Netzbetreiberin wieder fiktiv an den Anlagenbetreiber zurück geliefert. Diese "Hin- und Rücklieferungen" seien umsatzsteuerlich zu erfassen. Daher setzte die Finanzverwaltung hinsichtlich der "Rücklieferung" des dezentral verbrauchten Stroms Umsatzsteuer gegenüber der Klägerin fest.
Die Entscheidung
Die Klage hatte Erfolg. Der 9. Senat des Finanzgerichts Köln führt zur Begründung aus, dass die Betreiber von KWK-Anlagen hinsichtlich des von ihnen erzeugten und dezentral verbrauchten Stroms keine umsatzsteuerlich relevanten Leistungen gegenüber der Klägerin erbrächten. Die Lieferung von Strom durch die Anlagenbetreiber an die Klägerin scheitere an der hierfür erforderlichen Übertragung der Verfügungsmacht. Da der in der KWK-Anlage erzeugte und dezentral verbrauchte Strom unstreitig nicht in das allgemeine Stromnetz der Klägerin eingespeist werde, würden weder Substanz noch Wert oder Ertrag des selbsterzeugten Stroms an die Klägerin übertragen. Die bloße Möglichkeit zur Einspeisung des selbsterzeugten Stroms durch einen Anschluss der KWK-Anlage an das Stromnetz der Klägerin oder die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung des KWK-Zuschlags nach § 4 Abs. 3a KWKG 2009 führten ebenfalls nicht zu einer Übertragung von Substanz, Wert oder Ertrag des selbsterzeugten Stroms an den Netzbetreiber. Durch den dezentralen Stromverbrauch erfülle der Betreiber einer KWK-Anlage im Übrigen auch keinen anderen Leistungstatbestand des Umsatzsteuergesetzes oder der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL). Fehle es bereits an einer Lieferung von Strom an die Klägerin, komme auch eine "Rücklieferung" dieses Stroms durch die Klägerin nicht in Betracht.
Die Entscheidung des FG Köln ist noch nicht rechtskräftig. Die unterliegende Finanzverwaltung hat im Juli 2021 Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) unter dem Az. XI R 18/21 eingelegt.
Fazit
Das Urteil des FG Köln lässt alle Betreiber von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK-Anlagen) aufatmen. Es ist jedoch anzunehmen, dass die Finanzverwaltung an ihrer bisherigen Auffassung festhält und die BFH-Entscheidung abwartet. So lange ist allen betroffenen Unternehmen zu raten, den Ablauf der Festsetzungsverjährung in den betroffenen Jahren zu verhindern und die Bescheide offen zu halten.
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