Strukturmerkmale intensivmedizinischer Komplexbehandlung versus Radiologiekooperation?

Bereits vor ca. 25 Jahren haben Klinikträger damit begonnen, bestehende Radiologieabteilungen zu schließen und langfristig angelegte Kooperationen mit niedergelassenen Ärzten zu begründen. Da verwundert nicht, dass es so manchem Radiologen gelang es, die Versorgung von Krankenhäusern zum lukrativen Geschäftsmodell zu entwickeln. So weit – so gut. Wie die aktuelle Rechtsprechung zeit, stoßen derartige Kooperationen allerdings dort an ihre Grenzen, wo es um die Erfüllung von Strukturmerkmalen geht. Dies zeigt ein Urteil des Landessozialgerichts Hessen auf eindrückliche Weise (Urteil vom 25.02.2021, Az. L 8 KR 722/18). Zwar weichen die einschlägigen Formulierungen der aktuellen OPS-Version von denjenigen der im Rechtsstreit maßgeblichen OPS-Version des Jahres 2017 ab. Die Problematik besteht jedoch im Grundsatz fort.

Der Fall

Im Streit stand die Vergütung für die Krankenhausbehandlung einer bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherten Patientin. Die Versicherte war in der Zeit von März bis April 2017 im Krankenhaus der Klägerin stationär behandelt worden, und die Klägerin hatte der Beklagten hierfür einen Gesamtbetrag in Höhe von ca. 19.000 € in Rechnung gestellt, den die Beklagte zunächst vollumfänglich beglich. Der Rechnungsbetrag basierte unter anderem auf der DRG A13F, die wiederum aus der Kodierung des u.a. in Ansatz gebrachten OPS 8-98f.11 (Aufwendige intensivmedizinische Komplexbehandlung [Basisprozedur] …) resultierte. Kurze Zeit später erstattete der MDK im Auftrag einer anderen Krankenkasse ein Gutachten zu den strukturellen Mindestanforderungen des OPS-Codes 8-98f und gelangte zu dem Ergebnis, dass das Mindestmerkmal „24-stündige Verfügbarkeit folgender Verfahren im eigenen Klinikum: … Radiologische Diagnostik mittels CT, DSA oder MRT“ nicht erfüllt werde. Diesbezüglich sei im Gebäude des Krankenhauses die überörtliche radiologische Gemeinschaftspraxis D ansässig, die für das Krankenhaus die radiologische Diagnostik erbringe. Der MDK hatte sich zuvor an das DIMDI gewandt und von dort die Antwort erhalten, dass die 24-stündige Verfügbarkeit “im eigenen Klinikum“ voraussetze, dass die dort aufgeführten Verfahren organisatorisch zum Klinikum gehören müssten und eine radiologische Praxis in einem Klinikum diese Bedingungen nicht erfülle.
Die Beklagte verrechnete daher einen Teilbetrag in Höhe von ca. 3.300 € mit unstreitigen Vergütungsforderungen der Klägerin. Die Krankenhausträgerin zog vor das Sozialgericht Kassel und unterlag sowohl dort als auch in der nachfolgenden Berufungsinstanz (SG Kassel, Gerichtsbescheid vom 5.11.2018, Az. S 12 KR 546/17; LSG Hessen, Urteil vom 25.02.2021, a.a.O.).

Die Entscheidung

Die Prozedur 8-98f des in diesem Fall maßgeblichen OPS 2017 erforderte u.a. „24-stündige Verfügbarkeit folgender Verfahren im eigenen Klinikum: (…) Radiologische Diagnostik mittels CT, DSA oder MRT (…)“. Das Gericht gelangte zu der Ansicht, dass mit der 2016 geänderten Formulierung „im eigenen Klinikum“ klargestellt worden sei, dass eine 24-stündige Verfügbarkeit, die durch Kooperation mit einem anderen Leistungserbringer hergestellt werde, nicht den Anforderungen des OPS entspreche. Dies ergebe sich auch aus dem übrigen Wortlaut der Prozedur 9-98f, die zwischen Verfahren, Fachgebieten oder Leistungen unterscheide, die zwingend im abrechnenden Klinikum selbst jederzeit oder innerhalb eines bestimmten Zeitraums zur Verfügung stehen müssen, und solchen, die aufgrund einer Vereinbarung mit einer anderen Klinik von dieser für die abrechnende Klinik erbracht werden können (sog. Konsiliardienste).

Fazit

Mit der OPS-Version 2021 wurde die Formulierung „im eigenen Klinikum“ im Zuge einer Überarbeitung der Prozedur 8-98f durch die Worte „am Standort des Krankenhauses“ ersetzt. Dies darf allerdings nicht dahin verstanden werden, dass dadurch auch mit Kooperationspartnern, die etwa räumlich im Krankenhausgebäude und damit letztlich am Standort des Krankenhauses untergebracht sind, die Strukturmerkmale erfüllt werden können. Die vorhandene Dokumentation spricht vielmehr dafür, dass es bei dieser Änderung um eine Anpassung an § 2a KHG ging, der auf den Begriff „Standort“ als maßgebliche Größe abstellt. Eine – wenn man so will – Erleichterung gibt es allerdings. Denn die 24-stündige Verfügbarkeit radiologischer Diagnostik mittels CT und MRT ist inzwischen Teil einer Liste mit 4 Verfahren, von denen das Krankenhaus am Standort (nur) 3 vorhalten muss.

 

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