Ziel des neuen Gesetzesentwurfes des Bundesgesundheitsministeriums zum Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) ist die Förderung einer effektiven Nutzung von Gesundheitsdaten und der Abbau bürokratischer Hürden.
Gesundheitsdatennutzung soll erweitert werden
Der neue Referentenentwurf für ein Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) sieht nicht nur die Möglichkeit der Krankenkassen zur Auswertung von Gesundheitsdaten vor. Auch die forschende Industrie soll künftig Anträge stellen dürfen, um Gesundheitsdaten entsprechend dem Nutzungszweck anfordern zu dürfen.
Um den Zugang zu Gesundheitsdaten zu erleichtern, soll eine internationale Datennutzungs- und Koordinierungsstelle aufgebaut werden. Auch auf nationaler Ebene soll eine unabhängige Stelle beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eingerichtet werden.
Der elektronischen Patientenakte (ePA) als Austauschplattform zwischen Leistungserbringern und Versicherten sowie als digitales Gesundheitsmanagementsystem soll zukünftig eine zentrale Rolle in der Gesundheitsversorgung zukommen. Ab 2025 soll jeder versicherten Person vorbehaltlich eines Widerspruchs eine eigene ePA durch die Krankenkasse zur Verfügung gestellt werden. Ein vorheriger Antrag und eine entsprechende vorherige Einwilligung zur Einrichtung sind dann nicht mehr notwendig. Zudem soll auch für die Datenfreigabe aus der ePA ein Widerspruchsverfahren eingeführt werden.
Warnsystem für Krankenkassen
Die gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen sollen auf Grundlage des GDNG eine datengestützte Auswertung vornehmen dürfen. Auch ohne Einwilligung des Versicherten sollen dabei Daten verwertet werden, um diese zur Früherkennung seltener Krankheiten oder auch zur Überwachung der Arzneimittelsicherheit zu nutzen. Versicherte sollen so auf besondere Risiken hingewiesen werden können.
Kritik an den geplanten Regelungen gibt es ebenfalls. So steht die Befürchtung im Raum, durch ein „Frühwarnsystem“ Versicherte zu verängstigen und zu unnötigen Arztbesuchen zu motivieren. Auch sei es nicht Aufgabe der Krankenkassen, die Arzneimittelsicherheit zu überprüfen, agieren doch Ärzte viel näher am individuellen Patienten. Praxisgerechter sei es daher, das e-Rezept mit der e-Patientenakte zu verbinden und somit konkrete Daten über den individuellen Patienten zu erheben und verwerten.
Fraglich bleibt auch, wie dieses Tool technisch sinnvoll umgesetzt werden soll.
Forschungsdatenzentren als Schnittstelle von Gesundheitsdaten und forschender Industrie
Und auch die forschende Industrie soll von dem geplanten Gesetz profitieren. Damit aus dem in Deutschland heiligen Datenschutz nicht die Vernachlässigung von wertvollen Daten wird, soll durch Forschungsdatenzentren der Zugang der forschenden Industrie zu Gesundheitsdaten ermöglicht werden. Die Forschungsdatenzentren agieren dabei lediglich als Datenzugangs- und Koordinierungsstelle. Gespeichert werden die Gesundheitsdaten dezentralisiert etwa bei Krankenkassen oder dem Krebsregister.
Um vor einer unberechtigten Preisgabe von Informationen zu schützen und diese entsprechende sanktionieren zu können, soll ein Forschungsgeheimnis eingeführt werden. Die genaue Ausgestaltung dessen bleibt jedoch abzuwarten.
Globale Vernetzung
Darüber hinaus sei eine Verzahnung des GDNG mit dem Europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS) notwendig. Hierzu sollen Einrichtungen auf EU-Ebene bereitgestellt werden, durch die ein Datenaustausch rechtssicher ermöglicht werden kann. Der EHDS ist eine Initiative innerhalb der EU mit dem Ziel, nationale Gesundheitssysteme mittels sicheren und effizienten Austausches von Gesundheitsdaten miteinander zu verknüpfen, um die Forschung, Versorgung und die Infrastruktur in den jeweiligen Gesundheitssystemen zu unterstützen. Auch ein transatlantischer Datenausgleich sei erforderlich, um im Rahmen klinischer Studien repräsentative Patientengruppen auch für seltene und komplexe Erkrankungen auswerten zu können. Hierfür arbeiten Europäische und US-amerikanische Wissenschaftler und Regierungsvertreter derzeit an einem verbesserten Austausch von Gesundheitsdaten zwischen Europa und den USA.
Fazit
Die angestrebte gesetzliche Regelung soll die Digitalisierung im Gesundheitswesen vorantreiben. Abzuwarten bleibt allerdings, wie die Ausgestaltung der einzelnen Regelungen umgesetzt werden soll. Zu beachten ist dabei nicht nur die Relevanz, sondern insbesondere auch die Komplexität der Materie. Datenschutzrecht im Gesundheitssektor stellt ein hochsensibles Thema dar. Wird nun auf europäischer und sogar globaler Ebene agiert, so sind noch mehr Regelungen zu beachten. Das Gesetz soll bereits am 01. Januar 2024 in Kraft treten. Dieser Zeitraum erscheint sehr ambitioniert.