Zur Haftung bei Schäden durch die COVID-19-Schutzimpfung

Die Impfkampagne gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 läuft auf Hochtouren. Doch was ist, wenn etwas passiert? Welche Ansprüche bestehen, wenn es zu Impfkomplikationen oder gar Impfschäden kommt? Bei der Frage der Haftung ist zwischen arzthaftungsrechtlichen und versorgungsrechtlichen Ansprüchen des Betroffenen zu differenzieren. Des Weiteren sind Ansprüche gegen den Hersteller des Impfstoffs zu prüfen.

Arzthaftungsrecht

Als medizinischer Eingriff, der dem Arztvorbehalt unterliegt, muss das Impfen denjenigen Anforderungen genügen, die auch für jeden anderen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit gelten. Tritt also im Zusammenhang mit einer Impfung eine Impfkomplikation oder eine Schädigung auf, ist zunächst zu prüfen, ob ein Behandlungsfehler des Arztes vorliegt (§ 630a Abs. 2 BGB) und ob der Patient zuvor ordnungsgemäß aufgeklärt worden ist (§ 630e BGB).

Gemäß § 630a Abs. 2 BGB ist der Arzt gegenüber dem Patienten vertraglich verpflichtet, die Behandlung gemäß Facharzt­standard durchzuführen. Ein Verstoß gegen entsprechende Standards kommt bei Impfungen insbesondere in Betracht bei fehlerhafter Erhebung der Anamnese, bestehender Kontraindikation, Fehlern bei der Dosierung oder Fehlern bei der Überwachung und Kontrolle im Anschluss an die Impfung.

Auch wenn die STIKO die COVID-19-Schutzimpfung empfiehlt, so entbindet dies den Arzt keineswegs von der Pflicht einer ordnungsgemäßen Patientenaufklärung, zu der in jedem Fall die Aufklärung über übliche Impfungsreaktionen, wie zum Beispiel Schmerzen an der Einstichstelle, gehört. Was indes die Verpflichtung zur Aufklärung z.B. über äußerst seltene Folgen der Impfung betrifft, so stellt sich dies aktuell als kaum umsetzbar dar, da hierzu bislang keine oder nur wenige Erkenntnisse existieren. Möglich ist es allerdings, den Patienten über diesen Umstand aufzuklären. Hiervon sollte in jedem Fall Gebrauch gemacht werden. Als rechtlich problematisch stellt sich zurzeit die Frage des Einsatzes von Aufklärungsmerkblättern dar, wenn diese an die Stelle der mündlichen Aufklärung, wie sie § 630e Abs. 2 Nr. 1 BGB verlangt, treten sollen und dem Patienten lediglich ergänzend die Gelegenheit zu einem Arztgespräch gegeben wird. Für die von der STIKO empfohlene Polio-Schluckimpfung, bei der es sich um eine Routineimpfung handelt, hat der BGH die Zulässigkeit eines solchen Vorgehens zwar bejaht (BGH, Urteil vom 15.02.2000, Az. VI ZR 48/99, vgl. auch Urteil vom 14.03.2006, Az. VI ZR 279/04). Es ist allerdings Vorsicht geboten, diese im dortigen Fall angenommene Konstellation auf die COVID-19-Schutzimpfungen zu übertragen, zumal es sich hierbei um unterschiedliche Impfstoffe mit unterschiedlichem Risikopotential handelt, die zudem neu am Markt sind und es an Langzeiterfahrungen fehlt. Sofern daher mit entsprechenden Merkblättern gearbeitet wird (s. dazu z.B. das Aufklärungsmerkblatt des RKI), empfiehlt es sich in jedem Fall, zusätzlich ein Aufklärungsgespräch zu führen, das schriftlich dokumentiert wird.

Versorgungsansprüche bei Impfschäden

Vom Behandlungsfehler abzugrenzen ist der sogenannte Impfschaden, bei dem hinsichtlich der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen einer Schädigung Versorgungsansprüche in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) in Verbindung mit dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) bestehen. Rechtsgrundlage hierfür ist § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG. Gemäß § 2 Nr. 11 IfSG ist ein Impfschaden „die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung; ein Impfschaden liegt auch vor, wenn mit vermehrungsfähigen Erregern geimpft wurde und eine andere als die geimpfte Person geschädigt wurde“. Ohne eine solche Regelung müsste man den Geschädigten darauf verweisen, sich wegen entsprechender Ansprüche an das Pharmazieunternehmen zu wenden, das den betreffenden Impfstoff in den Verkehr gebracht hat, § 84 Abs. 1 Satz 1 Arzneimittelgesetz (AMG). Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass das pharmazeutische Unternehmen aus seiner Haftung entlassen wird. Vielmehr gehen entsprechende Ansprüche nach Maßgabe des BVG auf das betreffende Bundesland über (§ 63 Abs. 4 IfSG, § 81a BVG).

Um die genannten Versorgungsleistungen erfolgreich beantragen zu können, muss der Geschädigte die Impfung selbst, eine Impfkomplikation (Primärschaden) sowie einen dadurch verursachten Impfschaden (Sekundärschaden) beweisen. Während sich die Durchführung der Impfung in der Regel unproblematisch belegen lässt, stellt sich dies bei der Frage der Primärschädigung (Impfkomplikation) bereits ganz anders dar. Schon die Frage der Abgrenzung zu einer bloßen Impfreaktion erweist sich in der Praxis nicht selten als schwierig.

Fazit

Sowohl Impfkomplikationen als auch der Eintritt von Impfschäden sind grundsätzlich ausgesprochen seltene Ereignisse. Es bleibt zu hoffen, dass dies auch für die COVID-19-Schutzimpfung gilt. Die aktuelle Datenlage jedenfalls stimmt zuversichtlich.

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