GOÄ ist zwingendes Preisrecht -
GOÄ ist zwingendes Preisrecht -
BGH entscheidet zur Unzulässigkeit von Pauschalpreisvereinbarungen bei ambulanten Leistungen im Krankenhaus
Ob die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) auch bei ambulanten Leistungen anzuwenden ist, die von dem bei einer juristischen Person angestellten Arzt erbracht werden, ist in Rechtsprechung und Literatur nicht erst seit heute umstritten. Eine höchstrichterliche Klärung fehlte bislang. So hat beispielsweise das OLG Frankfurt noch im September 2023 entschieden, dass die GOÄ nicht anwendbar sei, wenn eine Kapitalgesellschaft (zB MVZ-GmbH oder Ärzte-GmbH) Anbieter ärztlicher Behandlungsleistungen sei (Urteil vom 21.09.2023, Az. 6 W 69/23; anderer Ansicht zum Beispiel OLG Köln, Urteil vom 16.08.2023, Az. 6 W 69/23). Jetzt urteilte der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 04.04.2024, Az. III ZR 38/23).Der Fall
Der gesetzlich versicherte Kläger hatte sich im Rahmen der Behandlung eines Prostatakarzinoms für die Anwendung des innovativen und in der Regel ambulant durchgeführten Cyberknife-Verfahrens im beklagten Universitätsklinikum entschieden. Das Verfahren gehört grundsätzlich nicht zum Leistungskatalog der GKV. Letzten Endes lehnte die Krankenkasse des Patienten ihm gegenüber eine Kostenbeteiligung ab. Das Universitätsklinikum informierte den Kläger daraufhin darüber, dass er für die Kosten des Verfahrens selbst aufkommen müsse, wenn er diese spezielle Behandlung wünsche. Der Kläger unterzeichnete daraufhin eine Erklärung, mit der er bestätigte, die anfallenden Kosten in Höhe von 10.633 € im Anschluss an die Behandlung zu begleichen. Nach erfolgter Behandlung forderte der Kläger das Universitätsklinikum auf, ihm eine ordnungsgemäße Rechnung nach GOÄ zu stellen. Daraufhin berechnete das Universitätsklinikum dem Kläger mit der Leistungsbezeichnung „Cyberknife Komplexleistung III“ einen Pauschalbetrag in Höhe von 10.633 €, den der Kläger vollständig beglich. Später machte der Kläger unter anderem geltend, dass die von ihm unterzeichnete Kostenübernahmeerklärung als Pauschalpreisvereinbarung den Bestimmungen der GOÄ widerspreche, und klagte vor dem Landgericht Köln auf Rückzahlung. Sowohl das Landgericht Köln (Urteil vom 24.08.2022, Az. 25 O 256/21) als auch das in der Berufungsinstanz angerufene OLG Köln (Urteil vom 22.02.2023, Az. 5 U 115/22) gaben dem Kläger Recht. Die Revision des Universitätsklinikums vor dem BGH blieb erfolglos.Die Entscheidung
Der BGH entschied, dass das Universitätsklinikum verpflichtet sei, das Honorar für die Cyberknife-Behandlung an den Kläger zurückzuzahlen, da die von den Parteien getroffene Vereinbarung über die Zahlung eines pauschalen Honorars den Anforderungen der GOÄ nicht entspreche und daher nichtig sei (§§ 125 Satz 1 bzw. 134 BGB).Der in § 1 Abs. 1 GOÄ beschriebene Anwendungsbereich der Verordnung setze nicht voraus, dass Anspruchsteller und Vertragspartner des Patienten ein Arzt sei, sondern dass die Vergütung für die Leistungen eines Arztes geltend gemacht werde. Die GOÄ finde daher auch dann Anwendung, wenn der Behandlungsvertrag mit einer juristischen Person, zum Beispiel einem Krankenhausträger oder einer MVZ-GmbH, geschlossen werde und die (ambulanten) Leistungen durch Ärzte erbracht werden, die lediglich im Rahmen eines Anstellungs- oder Beamtenverhältnisses in Erfüllung ihrer eigenen Dienstaufgaben tätig werden und selbst mit dem Patienten keine Vertragsbeziehung eingehen.
Ist die GOÄ anzuwenden, müssten auch die Vorgaben der GOÄ eingehalten werden. Dazu gehöre, dass gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 GOÄ lediglich eine abweichende Gebührenhöhe festgelegt werden dürfe. Allerdings bedürfe die Vereinbarung einer abweichenden Punktzahl oder eines abweichenden Punktwerts zu ihrer Wirksamkeit einer individuellen Absprache der Beteiligten, die in einem Schriftstück zu treffen sei, das zur Gewährleistung hinreichender Transparenz die Nummer und Bezeichnung der Leistung, den Steigerungssatz den vereinbarten Betrag enthalten müsse (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GOÄ). Daraus folge, so der BGH, dass die Gebührenordnung nicht zugunsten eines Pauschalhonorars abdingbar sei. Eine entsprechende Vereinbarung sei daher nichtig.
Fazit
Das Urteil schafft endlich Klarheit. Maßgebend für die Anwendbarkeit der GOÄ ist somit, ob die Vergütung für die beruflichen Leistungen eines Arztes geltend gemacht wird. Nicht übersehen werden darf zudem, dass die Entscheidung nicht nur für Universitätskliniken, Plan- und Vertragskrankenhäuser bedeutsam ist, sondern z.B. auch für Privatkliniken nach § 30 GewO.