BSG: Keine Aufwandspauschale bei Veranlassung der Prüfung durch Fehlverhalten des Krankenhauses

Kommt es bei einer Krankenhausbehandlung gemäß § 39 SGB V zu einer Abrechnungsprüfung durch den Medizinischen Dienst, so hat die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von 300 € zu zahlen, sofern die Prüfung nicht zu einer Minderung des Rechnungsbetrages führt (§ 275c Abs. 1 Satz 2 SGB V). Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht, wenn die Krankenkasse durch eine nachweislich fehlerhafte Abrechnung des Krankenhauses veranlasst wurde, ein Prüfverfahren unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes einzuleiten (vgl. BSG, Urteil vom 22.6.2010, Az. B 1 KR 1/10 R). An dieser Rechtsprechung hält das Bundessozialgericht fest, wie eine aktuelle Entscheidung zeigt, in der es zwar nicht um eine fehlerhafte Abrechnung, jedoch um eine Pflichtverletzung des Krankenhauses ging (BSG, Urteil vom 07.03.2023, Az. B 1 KR 11/22 R).

Der Fall

Die bei der beklagten Krankenkasse Versicherte wurde im Krankenhaus der Klägerin im Dezember 2019 stationär behandelt. Ursprünglich war geplant, die Patientin nach wenigen Tagen zu entlassen, was das Krankenhaus der Krankenkasse gemäß § 301 SGB V per Datenträgeraustausch einen Tag nach der stationären Aufnahme des Patienten auch so mitteilte. Tatsächlich wurde die Versicherte jedoch 12 Tage später als ursprünglich geplant entlassen. In der später erstellten Rechnung forderte das Krankenhaus insgesamt ca. 4.500 €. Dem zugrunde lag die Fallpauschale DRG I47A für den Zeitraum vom 02.12. bis zum 13.12.2019 und ein Langliegezuschlag für den Zeitraum vom 14.12. bis zum 19.12.2019. Daraufhin bat Krankenkasse die Krankenhausträgerin per Datenträgeraustausch um eine medizinische Begründung für die Überschreitung des voraussichtlichen Entlassungsdatums und die angefallenen Langliegetage. Die Klägerin gab an, dass der Zustand der Patientin aus medizinischer Sicht noch nicht gut genug gewesen sei. Um eine Entlassung vornehmen zu können. Weitere Details zum Stand der Versicherten und zur Behandlung dürften aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht in dieser Form erörtert werden, weshalb sie die Beklagte auf das Prüfverfahren gemäß §§ 275 ff. SGB V verwies. Sodann beauftragte die Beklagte den Medizinischen Dienst mit einer Begutachtung zu der Frage, ob die Überschreitung der oberen Grenzverweildauer in vollem Umfang medizinisch begründet gewesen sei, was der Medizinische Dienst in seinem anschließend erstellten Gutachten bejahte. Die Krankenkasse zahlte daraufhin den Rechnungsbetrag in voller Höhe.

Die Zahlung der von der Klägerin geforderten Aufwandspauschale in Höhe von 300 € lehnte die Beklagte indes ab und begründete dies damit, dass sie trotz Anfrage keine weiteren medizinischen Informationen erhalten habe und deshalb den Medizinischen Dienst habe beauftragen müssen. Damit sei die Einschaltung des Medizinischen Dienstes erst durch die Obliegenheitspflichtverletzung der Klägerin veranlasst worden. Die Krankenhausträgerin zog daraufhin vor das SG Koblenz und hatte Erfolg (Urteil vom 10.03.2021, Az. S 16 KR 710/20). In der Berufungsinstanz (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.05.2022, Az. L 5 KR 135/21) unterlag sie jedoch ebenso wie jetzt vor dem BSG. Die Revision zum BSG hatte das LSG Rheinland-Pfalz wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Die Entscheidung

Das BSG urteilte, dass der Anspruch auf Zahlung einer Aufwandspauschale ausscheide, wenn das Krankenhaus seine Pflicht verletze, auf Verlangen der Krankenkasse eine medizinische Begründung für die Dauer der Krankenhausbehandlung zu geben, und es dadurch das Prüfverfahren veranlasse. Die Krankenkasse sei nach § 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V berechtigt, bei Überschreiten der gemeldeten, voraussichtlichen Verweildauer vom Krankenhaus eine medizinische Begründung zu verlangen. Hieraus ergebe sich die entsprechende Pflicht des Krankenhauses. Weder die Kürze der Frage, noch Beschränkungen der elektronischen Übermittlungsmöglichkeit, noch Gründe des Datenschutzes rechtfertigten die Nichtangabe der medizinischen Gründe. Dabei sei es der Krankenkasse nicht etwa wegen eines eigenen Fehlverhaltens verwehrt, sich auf die Pflichtverletzung des Krankenhauses zu berufen. Die Krankenkasse sei nicht verpflichtet, vor Beauftragung des Medizinischen Dienstes einen Kurzbericht vom Krankenhaus einzuholen. Sie müsse auch nicht wegen fehlender Fälligkeit der Vergütungsforderung von der Beauftragung des Medizinischen Dienstes absehen und das Risiko eines gerichtlichen Verfahrens eingehen.

Fazit

Ganz gleich, ob fehlerhafte Abrechnung oder andere Pflichtverletzung – führt das Verhalten des Krankenhauses dazu, dass die Krankenkasse eine Prüfung durch den Medizinischen Dienst veranlasst, muss das Krankenhaus damit rechnen, die begehrte Aufwandspauschale nicht durchsetzen zu können.