Die Erbringung von Wahlleistungen ist in § 17 KHEntgG recht detailliert geregelt. Zu Leistungen dieser Art gehören bekanntlich die wahlärztlichen Leistungen, die gerne auch als „Chefarztbehandlung“ bezeichnet werden. Für sie bestimmt § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG „Eine Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen erstreckt sich auf alle an der Behandlung des Patienten beteiligten angestellten oder beamteten Ärzte des Krankenhauses, soweit diese zur gesonderten Berechnung ihrer Leistungen im Rahmen der vollstationären und teilstationären sowie einer vor- und nachstationären Behandlung (§ 115a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) berechtigt sind, einschließlich der von diesen Ärzten veranlassten Leistungen von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses; darauf ist in der Vereinbarung hinzuweisen“. Ob der betreffende Arzt in Vollzeit angestellt sein muss oder eine Teilzeitbeschäftigung ausreicht, dazu schweigt das Gesetz. Doch bedeutet dies zwingend, dass es auf die vereinbarte Wochenarbeitszeit nicht ankommt? Zu diesem Ergebnis gelangte jedenfalls das Amtsgericht Bielefeld in seinem Urteil vom 21.05 .2021 (Az. 406 C 131/20; rechtskräftig).
Der Fall
Die Klägerin ist Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie und in eigener Praxis ambulant tätig. Darüber hinaus ist sie an einem Krankenhaus mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von durchschnittlich 4 Stunden angestellt. Seitens des Klinikträgers wurde ihr ein Liquidationsrecht hinsichtlich wahlärztlicher Leistungen eingeräumt. In der Zeit vom 16.10.2018 bis zum 19.10.2018 behandelte die Klägerin eine ihrer ambulanten Patientinnen stationär im Klinikum. Die Patientin hatte vor Beginn der Behandlung eine Wahlleistungsvereinbarung unterzeichnet. Nach Abschluss der Behandlung stellte die privatärztliche Verrechnungsstelle (PVS) der Patientin im Auftrag der Klägerin für die Behandlung über 2000 € in Rechnung. Da die Patientin trotz Mahnung nicht zahlte, reichte die Klägerin Klage beim Amtsgericht Bielefeld ein. Die beklagte Patientin vertrat die Ansicht, dass die Wahlleistungsvereinbarung nicht rechtmäßig sei. Sie argumentierte, dass der Wahlarzt eine leitende Position und Funktion im Rahmen stationärer Behandlung, also eine besondere Expertise aufweisen müsse. Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall. Vielmehr übten, wie aus der Wahlleistungsvereinbarung hervorgehe, zahlreiche der für die einzelnen Abteilungen aufgeführten Ärzte ihre fachärztliche Tätigkeit tatsächlich zeitlich überwiegend in eigener ambulanter Praxis aus. Ein Angestelltenverhältnis sei mit den jeweiligen Fachärzten nur zu dem Zweck begründet worden, dass diese eine Eigenzuweisung ihrer Patienten in die Klinik vornähmen, in der sie dann selbst die jeweilige Operation durchführten. Ein solches Vorgehen sei unzulässig und stelle einen Verstoß gegen das Verbot der Zuweisung gegen Entgelt (§ 31 (Muster-)Berufsordnung Ärztinnen und Ärzte) dar, so dass die Wahlleistungsvereinbarung nichtig sei.
Die Entscheidung
Das Amtsgericht Bielefeld entschied, dass die getroffene Wahlleistungsvereinbarung wirksam und die Klägerin berechtigt sei, Wahlleistungen abzurechnen. Dabei stützte sich das Gericht auf den Wortlaut von § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntG, der lediglich verlange, dass es sich um einen eine(n) beim Krankenhaus angestellte(n) bzw. beamtete(n) Arzt/Ärztin handeln müsse, der bzw. die die Berechtigung erhalten habe, die ärztliche Leistung während einer Krankenhausbehandlung gesondert in Rechnung zu stellen. Dies sei bei der Klägerin unstreitig der Fall. Dass der Patient mit dem Krankenhausträger wahlärztliche Leistungen im Vertrauen auf die besonderen Erfahrungen und die herausgehobene Kompetenz des von ihm ausgewählten Arztes vereinbaren wolle, die (auch) darin zum Ausdruck kämen, dass der Arzt in dem Krankenhaus eine leitende Position innehabe (vgl. BGH NJW 2019,1519), so werde dem durch das Erfordernis des Liquidationsrechts genüge getan. Denn dieses werde üblicherweise nur entsprechend qualifizierten und erfahrenen Ärzten eingeräumt. Weitergehende Anforderungen seien an den Wahlarzt nicht zu stellen, auch nicht in Form einer Leitungsfunktion. Insbesondere sei es nicht erforderlich, dass seine Tätigkeit eine bestimmte Mindeststundenzahl umfasse. Den vorgebrachten Vorwurf des Verstoßes gegen § 31 (Muster-) Berufsordnung Ärztinnen und Ärzte wies das Gericht mit der Bemerkung zurück, dass ein solcher nicht ersichtlich sei.
Fazit
Kooperationsmodelle der vorliegenden Art sind in der Praxis längst keine Besonderheit mehr, auch nicht die ablehnende Haltung der zuständigen Kostenträger, die eine „Leitungsfunktion“ verlangen und eine solche bei in Teilzeit angestellten Ärzten verneinen. Insofern ist das Urteil des Amtsgerichts Bielefeld für die Seite der Behandler zumindest hilfreich, wenngleich nicht unerwähnt bleiben soll, dass angesichts der wenig vertieften Argumentation des Gerichts, die allein auf den Wortlaut des Gesetzes abstellt, die rechtliche Diskussion kaum beendet ist.
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